VORWORT
Seit meinen ersten Tagen als Fotograf habe ich von einer Hasselblad geträumt. DIE Kamera, untrennbar mit erfolgreichen Fotografen verbunden und IKONE der Fotografietechnik. Von Mondlandung, Ansel Adams, Annie Leibovitz bis Peter Hurley, es wird immer eine Hasselblad gezückt und wie durch Zauberhand entstehen Weltbilder. Eine Kamera die es vom Arbeitstier zum Statussymbol geschafft hat und immer noch eine unangefochtene Faszination ausübt.
Heutzutage ist das Mittelformat-Segment bei weitem keine konkurrenzfreie Zone für Hasselblad, so manche namhafte Hersteller wie PhaseOne drängen in das Hoheitsgebiet und bereichern das Angebot für den kommerziell erfolgreichen oder betuchten Fotografen. Die Preisspanne im fünfstelligen Euro Bereich erstreckt sich von VW Polo bis Audi A4 (Ohne Objektive) und manch einer kann nur ungläubig den Kopf schütteln.
Was ist es also, was jemanden bewegt von einer zwanzigtausend Euro Kamera zu träumen?
Die erfolgreiche Geschichte, die faszinierende Technik, der Ruf von Hasselblad, die technisch überragenden Ergebnisse oder das klassische Will-Haben-Gen?
NATÜRLICH ALLES ZUSAMMEN!
Meine erste „Inception“ passierte gleich mal zu Beginn meiner Fotografenlaufbahn, irgendwann vor über zehn Jahren. Als die Digitaltechnik noch in den Kinderschuhen steckte und meine einfachste Canon 300D zum Bodypreis von 999,– verkauft wurde, machte ich eine folgenschwere Bekanntschaft mit dem sehr erfolgreichen Salzburger Fotografen Joachim Bergauer. Aus mir noch unerklärlichen Gründen (… na gut, paar gute Bilder hatte ich da schon zum vorzeigen gehabt) wurde ich zu Joachim ins Studio eingeladen, ein wenig Bildbesprechung, ein wenig über die Schulter schauen. Nette Gespräche und immer wieder ein aufbauender Tipp. Bei meinen Besuchen im Studio in Itzling, unter anderem frequentiert von Persönlichkeiten wie Alexandra Meissnitzer und Stefan Eberharter, fiel mir immer das Ungetüm von Kamera auf mit der Joachim arbeitete. Eine Hasselblad H1!
Für einen damals Hobbyfotografen der sein Herz zur Gänze an die Fotografie verloren hat waren das einschneidende Erlebnisse. Bei einem gemeinsamen Shooting mit Joachim kam ich der Hasselblad so nahe, dass scheinbar essentielle Synapsen meines Stirnhirns umgepolt und auf Hasselblad-Haben-Will geschaltet wurden. Jedoch, jenseits jeglicher budgetärer Möglichkeiten blieb eine Hasselblad nur das ultimative Ziel und mein persönlicher Fotografentraum.
Die Besuche bei Joachim wurden etwas seltener da ich von einer vereinnahmenden Strömung namens Stockfotografie einverleibt wurde und da völlig aufging. Mit meiner geliebten Canon und Elinchrom Ausrüstung produzierte ich, in einem kleinen Kämmerlein, in jeder freien Minute Stockfotografie für Fotolia.
Meinem konsequenten Naturell entsprechend waren die Ergebnisse bald recht ansehnlich und mein Portfolio in der Fotolia Stock Gemeinde in wenigen Monaten ein Begriff. Das war das Startsignal für meine nächste folgenschwere Begegnung.
Wie es so kommen sollte, ein erfolgreiches Portfolio und ein Fotowettbewerb bescherten mir eine Einladung zu einem Fotografie Workshop von Fotolia nach Berlin. Geleitet von niemand geringerem als Yuri Arcurs. Aus meinem kleinen Kämmerlein entrissen stand ich in der Weltmetropole Berlin in einem über 600m² Fotostudio. Perfekt organisiert, professionelle Modells, perfektes Styling, Studiotechnik vom feinsten und mitten drinnen ich mit Yuri und seiner Hasselblad! – BANG – die zweite „Inception“.
Yuri erzählte, dass er von Hasselblad gesponsert wurde und die Kamera zur Verfügung gestellt bekommen hat.
WAS für ein Gedanke! Das muss ich auch schaffen.
Angetrieben vom Gedanken Yuri nachzueifern und für Hasselblad ein Begriff zu werden wurden die Produktionen für mein Fotolia-Portfolio intensiviert, mit recht ansehnlichem Erfolg. Diverse Publikationen und Interviews in einschlägigen Magazinen führten sogar zur ersten zaghaften Kontaktaufnahme mit Hasselblad. Wörter wie Gesprächsbereitschaft, Sponsoring und Treffen wurden genannt, letztendlich verlief der Kontakt im Sand aufgrund diverser Themen die mich für eine gewisse Zeit aus dem Fotografie Business ausgehebelt hatten. An paar Niederlagen gereift rückte das Thema Hasselblad in den Hintergrund, zu Gunsten der Wiederbelebung meines kommerziellen Portfolios.
So kam es Monate später, dass mir ein befreundeter Agenturbesitzer ein unmoralisches Angebot unterbreitete. Ein Wochenende mit seiner Hasselblad H4D-50 im Tausch für meine Canon 5D Mark II. Eine Hochzeit mit einer Hasselblad filmen ging ja nicht, zum Glück. So stand ich da mit einem Koffer, Wert jenseits der fünfzig Tausend, in meinem Ministudio und versuchte das eine oder andere Portrait von meiner Frau zu schießen.
Leider führte eine, aus heutiger Sicht unverzeihliche, mieseste Gemütsverfassung nicht gerade zu grandiosen Fotos. Das Thema Hasselblad war wieder beiseite gelegt und die Bilder verstaubten im Lightroom Katalog.
Inzwischen Berufsfotograf und auf der Suche nach einem geeigneten Studio kam meine zu Freundschaft gereifte Beziehung zu Joachim in Spiel. Das grandiose Studio B sollte für einen Auftrag gemietet werden, stattdessen wurde ich fixes Mitglied im Studio B. Perfekte Bedingungen um mich fotografisch zu entwickeln, großes Fotostudio, inspirierende Menschen herum und… eine Hasselblad H3D II-39.
Gleich bei den ersten Besuchen in Joachims Büro fiel sie mir auf. Fast unscheinbar und doch beständig thronte sie inmitten Joachims diverser Canon Arbeitsgeräte und nostalgischer Nikon Sportfotografen Ausrüstung. Für mein Herz etwas zu vernachlässigt, musste sie doch einer Canon 1DX Platz machen.
Der Wunsch Fotograf zu werden entstand nicht unmaßgeblich in Joachims Fotostudio vor über einem Jahrzehnt, auf einmal findet man sich wieder in einem ganz neuem Studio, dennoch mit gleichen Protagonisten. Und eine Hasselblad weiterhin Teil davon.
Um meiner theoretischen Begehrlichkeit Nachdruck zu verleihen und eine praktische Note zu geben bat ich Joachim um einen Test mit der Hasselblad. Im gleichen Studio arbeitend sollte das kein Problem sein, …dachte ich. Dem war auch so, Joachim willigte ein und meine Glückshormone spielten verrückt. Der große Tag rückte näher, ich top motiviert und vorbereitet. Das konnte man Joachim nicht nachsagen, in seiner liebenswerten chaotischen Art konnte er den Akku der Hasselblad nicht finden und mein Test fiel ins Wasser. Der Akku wurde gefunden und eine Woche später sollte ich das Objekt der Begierde in meinen Händen halten.
Es ist Freitag, gegen Mittag treffe ich im Studio ein. Ganz hibbelig und nervös. Habe keinerlei Druck oder Anforderungen, möchte nur die Kamera ausprobieren, dennoch herrscht eine positive Anspannung.
Joachim in Innsbruck, ich soll die Kamera aus dem Büro holen, Lorenz ist da. Ich ins Büro, zielgerichtet in Richtung Hasselblad. Scheibenkleister… wieder ist der Akku nicht aufzufinden.
Nach erstem Schreck haben wir den Akku gefunden und ich nahm die Kamera endlich entgegen.
Leider wurde mir mitgeteilt, dass die Jungs recht bald ins Wochenende gehen wollten, so blieben mir keine zwei Stunden für meinen Test. Ich schnappte mir die Kamera, zwei Objektive (80mm und 150mm) und machte mich wieder auf ins Studio.
Eine ehrenwerte Hasselbald H3D II-39, etwas verstaubt aber für mich strahlend glänzend. Bevor mein Modell eintreffen sollte konnte ich mir noch genug Zeit einräumen um die Hasselblad und die Objektive zu putzen, die Einstellungen zu überprüfen und mich mit dem Handling vertraut zu machen.
Der Hasselblad Test
Der Plan war es mein Headshot Setup als Spielfeld für ein Battle zwischen Hasselblad H3DII-39 und meiner Canon 5D Mark III zu verwenden. Ich wollte die optischen Eigenschaften testen, das Handling und die overall performance. Ich wollte nur genießen!
Zu Canon 5D Mark III: Mein Arbeitstier, verläßlich, schnell, handlich, Bildqualität sehr gut. Alles in allem ein wunderbares Gerät.
Hasselblad H3DII-39: Riesig, schwer, langsam,… dennoch von einer magischen Aura umgeben welche das Fotografieren einfach zum Genuß macht.
Das Bedienkonzept ist sofort einleuchtend, die wenigen Knöpfe sind intuitiv und selbsterklärend. Das weglassen von extrem vielen Einstellungen verglichen zu einer SLR hat Hasselblad zur Perfektion gebracht. Wenige Klicks und ich hatte alle Einstellungen die für mein Setup notwendig waren.
Studiobedingungen, Blende 4, Belichtungszeit 1/800 Sek. … ah … Moment…
JAAAAA 1/800 mit Studioblitzen, was für eine Wohltat. Mittlerweile gibt es zig Möglichkeiten für schnellere Verschlusszeiten (Hypersync, Neue Blitze und was weiss ich noch alles), aber die Möglichkeit ganz nativ über den Zentralverschluß bis 1/800 Sek zu belichten finde ich einfach genial.
Erster Schuss, „bist du deppert“… total falscher Weissabgleich. Wo ist mein „auto white balance hin“?
Gibt es nicht, auch egal. Dann halt schnell Weissabgleich auf Blitz setzen, alles paletti.
Erster Pluspunkt geht an den riesigen Sucher, kein Vergleich zu einem Sucher einer DSLR. Einfach wunderbar.
Von 1974 bis 2002 fotografierte ich analog und u.a. auch mit einer Hasselblad 500C/M. Ab 2002 hat mich dann der digitale Virus befallen und ins Canon_Lager verschlagen, doch der Wunsch noch Größe hat mich nie verlassen. Die Retro-Produkte von Fuji haben ebenfalls dazu beitragen, wieder mit Mittelformat zu fotografieren. Die Preise einer gebrauchten H3Dii sind mittlerweile auch für Hobbyfotografen leistbar und ich habe zugeschlagen Danke daher für Ihren Bericht, der mir aus der Seele spricht.
LG aus Tirol